Juli 19

Sabaidi Pi Mai

Mitte April jedes Jahres begrüßt man in Laos das laotische neue Jahr. Das eigentliche Fest geht drei Tage, der erste Feiertag ist der letzte Tag des alten Jahres, der zweite ist der Tag dazwischen, und der dritte Feiertag ist der erste des neuen Jahres. Somit Willkommen im Jahre 2560 – 2560 Jahre nach dem Tod von Buddha. Der Legende nach wird im Jahr 5000 ein neuer Buddha geboren, knapp über die Hälfte haben wir also schon hinter uns.

Da das Fest das wichtigste Fest in Laos ist, hatte ich die ganze Woche frei, deshalb entschloss ich mich, dahin zu fahren, wo dieses Fest am größten ist: Luang Prabang. Doch bevor es wirklich anfing, hatte ich noch ein wenig Zeit herumzureisen, und da Luang Prabang im Norden von Laos liegt, bin ich zusammen mit Marieke, eine der Freiwilligen aus Luang Prabang, nach Nong Kiao gefahren. Nong Kiao ist ein eher ruhiges Dorf am Fluss Nam Ou, eingerahmt von Karstbergen. Zusammen mit zwei anderen Menschen, die wir im Bus kennenlernten, guckten wir uns das Dorf an und machten am nächsten Tag einen kleinen Abstecher mit einem Boot zum noch kleineren Dörfchen Muang Ngoi Kao, welches bevor vor kurzem eine Sandpiste gebaut wurde, nur mit dem Boot zu erreichen war. Dort kletterten wir auf einen wunderschönen Aussichtspunkt. Auf dem Rückweg wanderten wir noch zu einem Wasserfall.

Wieder zurück in Nong Kiao besuchte ich noch eine Höhle (Tham Phatok), in der sich der erste Gouverneur von Luang Prabang von 1954 bis 75 zeitweise aufgehalten hat.

Von Nong Kiaow ging es für mich alleine weiter über Sam Nuea nach Viang Sai. Kurz etwas zur Reisezeit: Ich habe (mit Zwischenstopps) den direkten Weg nach Vieng Sai genommen, die Busfahrten dauerten für die Hinstrecke insgesamt ungefähr 33 Stunden. (Thakhek – Vientiane: 7h; Vientiane – Luang Prabang: 10h; Luang Prabang – Nong Kiao: 4h; Nong Kiao – Sam Nuea: 12h) Da Laos im Norden relativ bergig ist und keine autobahnähnlichen Straßen hat, braucht man für die eigentlich nicht so großen Distanzen jede Menge Zeit. Schneller wäre nur gewesen, wenn ich geflogen wäre.

Auch über 40 Jahre später ist das bebombte Gebiet teilweise noch gut erkennbar

Ich habe ja schon im letzten Eintrag über die Bomben geschrieben, die auf Laos gefallen sind. Die Angriffe waren Teil des laotischen Bürgerkriegs, der zwischen 1953 und 1975 zwischen dem Königreich Laos und der Pathet Lao (die ehemalige laotische kommunistische Widerstandsbewegung) stattfand. Das Königreich Laos wurde von der CIA unterstützt und das war damit die größte Operation, die die CIA jemals im Ausland ausgeführt hat. Während der Vietnamkrieg größtenteils öffentlich geführt wurde, galt Laos offiziell als neutrale Zone und die USA hielt ihre Angriffe bis in die 90er geheim – der Krieg wird deshalb auch geheimer oder vergessener Krieg genannt. Die USA unterstützte zuerst nur die Volksgruppe der „Hmong“, fing aber ab 1964 auch mit Luftangriffen an, zum einen, um zu versuchen, die Pathet Lao aufzuhalten, zum anderen aber auch, weil der Ho-Chi-Minh Pfad, mit dem Nordvietnam versorgt wurde, größtenteils durch Laos verlief.

Einrichtung mit Dach in einer Höhle

Der Krieg endete dann schließlich 1975 mit dem Sieg der Pathed Lao und der Gründung der Demokratische Volksrepublik Laos.

Zwischen 1993 und 2016 gab die USA durchschnittlich 4,9 Millionen Dollar im Jahr für Bombenräumungen. Zum Vergleich: Für die neun Jahre Bombardements gab die USA durchschnittlich 13,3 Millionen Dollar aus – pro Tag. Wer noch ein bisschen mehr über den geheimen Krieg erfahren will, dem sei hier eine Arte-Doku von 2014 verlinkt.

Von 1964 bis 1973 wurde Viang Sai als Hauptquartier der Pathed Lao benutzt, bis schließlich 1975 die Hauptstadt nach Vientiane verlegt wurde. In den hunderten von Höhlenkomplexen, von denen man heutzutage die Wichtigsten besichtigen kann, lebten ca. 20 000 Personen, geschützt durch die Höhlenwände vor den Bombenangriffen. So gab es eine regelrechte unterirdische Stadt mit Schlafhöhlen, Schule, Krankenhaus, Bibliothek und allem, was dazugehört.

Ich machte mich also früh morgens mit einem ausgeliehenen Moped von Sam Nuea nach Viang Sai auf, um die Höhlen anzugucken. Da die Höhlen teilweise eingerichtet sind, bekam ich einen guten und ein wenig bedrückenden Eindruck davon, wie die Menschen hier damals gelebt haben. Ein paar Impressionen davon sieht man in vorigen Bildern. Man kann sogar die Höhlen besichtigen, in denen Prinz Souphanouvong und seine Familie gelebt hat, der erste Präsident von Laos, der auch oftmals in meinen Schulbüchern zu finden ist.


Pünktlich zum offiziellen Start vom Pi Mai (laotisches Neujahr) kam ich wieder in Luang Prabang an. Dort hatten auch schon die Festlichkeiten begonnen: Überall, wo man vorbei geht wird man mit Wasser beschmissen und man schafft es nicht, eine Straße entlangzugehen, ohne am Ende völlig durchnässt zu sein. Es bilden sich kleinere Gruppen am Straßenrand mit kleinem Schwimmbecken oder Wassertonnen, lauter Musik und Gartenschlauch, woraus mit Schüsseln und Wasserpistolen Wasser geschöpft wird und jeder, der vorbeikommt oder auf seinem Moped vorbeifährt, eine ordentliche Ladung Wasser und evtl. auch Babypuder abbekommt. Zudem wird man auch des Öfteren auf ein BeerLao eingeladen. Überall fahren Pickups vorbei, auf deren Trageflächen Musikboxen und Leute mit Schüsseln und Wassertonnen sind, und alle Menschen haben die typischen „Sabaidi Pi Mai“(= Frohes neues Jahr) – T-Shirts an, die ein wenig an Hawaiihemden erinnern.

Ich guckte mir viele Tempel an, bei denen an Pi Mai Sandstupas aufgebaut sind, in die Räucherstäbchen und Fähnchen mit Tiersymbolen gesteckt werden. Zusätzlich werden Buddhastatuen mit Wasser übergossen, wie z.B. hier im Wat Mai, wo Besucher Wasser in ein Rohr schütten können, und dieses sich dann über der Statue ergießt. Einen Abend traf ich mich mit Marieke und Michis- und Max‘ Familie, da wir alle zeitgleich in Luang Prabang waren.

Außerdem verbrachte ich fast einen ganzen Tag mit Marieke bei der Parade, die riesig lang ist, und bei der über Stunden hinweg Paradezüge von Firmen, Dörfern und Mönchen bzw. Novizen vorbeiziehen, die von allen Menschen am Rand ordentlich Nass gemacht werden.


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Veröffentlicht19. Juli 2017 von Kolja in Kategorie "Laos", "Luang Prabang", "Nong Kiao", "Viang Sai

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